Im Manifest der IFLA/UNESCO für die Öffentlichen Bibliotheken erklärt die UNESCO ihre Überzeugung, dass die öffentlichen Bibliotheken eine lebendige Kraft für Bildung, Kultur und Information und ein wesentliches Werkzeug zur Förderung von Frieden und Wohlstand durch das Bewusstsein aller Menschen sind.

Die letzte Version wurde 1994 veröffentlicht und ist seither ein Eckpfeiler bei der Vertretung der Interessen der öffentlichen Bibliotheken.  Im Zuge des technologischen Fortschritts und des gesellschaftlichen Wandels hat sich jedoch auch die Art und Weise, wie die öffentlichen Bibliotheken ihren Auftrag erfüllen, weiterentwickelt.

Gemeinsam mit der UNESCO hat die IFLA – und insbesondere ihre Sektion Öffentliche Bibliotheken – eine Aktualisierung des Manifests in Angriff genommen, um die Realitäten und Aufgaben der öffentlichen Bibliotheken von heute bestmöglich abzubilden.

Ein globaler Aufruf

Die Erstellung eines aktualisierten Manifests, das für die öffentlichen Bibliotheken auf der ganzen Welt relevant und nützlich ist, wäre nicht möglich, ohne zuvor die Perspektiven des globalen Bibliothekswesens einzuholen.

Deshalb hat die IFLA-Sektion Öffentliche Bibliotheken 2020 eine Umfrage gestartet, um Ideen und Feedback von Bibliotheksmitarbeitenden aus aller Welt zu sammeln.

Wir erhielten mehr als 600 Antworten und erfuhren viel darüber, wie Bibliotheksmitarbeitende das Manifest in ihrer Arbeit einsetzen und wie es ihrer Meinung nach verbessert und für die Zukunft aktualisiert werden könnte.

Die Ergebnisse

In ihren Antworten berichteten die Bibliotheksmitarbeitenden, wie sie das Manifest nutzen, um Verbesserungen in ihren Bibliotheken zu erreichen, um gewählten Politikern und Budgetverantwortlichen zu verdeutlichen, wie wichtig die Finanzierung ist, um den kostenfreien Zugang zu verteidigen und Zensur abzuwehren, um Aktivitäten mit stärkerer Wirkung für die Nutzer*innen zu entwickeln, um als Bezugspunkt für die Forschung zu dienen, und vieles mehr.

Auf die Frage, ob das Manifest ihrer Meinung nach den Auftrag der öffentlichen Bibliotheken in unserer Zeit wirksam abbildet, hielten 78 % der Befragten das Manifest für wirksam oder sehr wirksam.

Daher kamen wir zu dem Schluss, dass das bestehende Manifest nicht neu geschrieben werden muss, sondern aktualisiert werden kann, um den neuen und sich weiterentwickelnden Prioritäten der öffentlichen Bibliotheken Rechnung zu tragen.

Im Anschluss an die Umfrage erstellte die IFLA-Zentrale gemeinsam mit der Sektion Öffentliche Bibliotheken den Entwurf für das aktualisierte Manifest. Wir haben bereits sehr wertvolle Beiträge von der UNESCO erhalten, um das Manifest auch weiterhin mit den Zielen des UNESCO-Programms „Information für alle“ (IFAP) in Einklang zu bringen. 

Was ist neu?

Im Folgenden werden einige der neuen oder erweiterten Begriffe, die in das Manifest aufgenommen werden sollen, kurz beleuchtet.

Wissensgesellschaften

Seit 1994 hat sich die Art und Weise, wie Menschen auf Informationen zugreifen und sie nutzen, verändert. Das aktualisierte Manifest wird der Rolle der öffentlichen Bibliotheken bei der Förderung von Wissensgesellschaften Rechnung tragen, denn sie hilft Gemeinschaften, auf gerechte Weise auf Wissen zuzugreifen, es zu produzieren, zu generieren und zu teilen.

Dazu gehört es, proaktiv neue Zielgruppen zu erschließen, die Gemeinden zu informieren und zu sensibilisieren, lokale Informationen zu erfassen und zugänglich zu machen und einen offenen Zugang zu wissenschaftlichen Informationen zu ermöglichen.

Fernzugang

Unter den wesentlichsten Erkenntnissen, die wir während der COVID-19-Pandemie gewonnen haben, gehörte, dass virtuelle Zugangs- und Einbindungsstrategien für die öffentlichen Bibliotheken von entscheidender Bedeutung sind. Daher wird künftig die Rolle der Bibliotheken bei der Bereitstellung von Dienstleistungen für ihre Gemeinden sowohl im persönlichem Kontakt als auch über Fernzugriff hervorgehoben.

Bibliotheken und nachhaltige Entwicklung

Als öffentlich zugängliche Räume für den Austausch von Informationen, gemeinsames Erleben von Kultur und die Förderung zivilgesellschaftlichen Engagements sollten die Bibliotheken als wesentliche Akteure für eine nachhaltige Entwicklung eingestuft werden.

Durch ihre Aktivitäten in den Bereichen Information, Alphabetisierung, Bildung und Kultur tragen die Bibliotheken zu den Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung und zum Aufbau gerechterer, humanerer und nachhaltigerer Gesellschaften bei.

Dies ist besonders relevant, wenn es um die Rolle der öffentlichen Bibliotheken bei der Sicherstellung von Inklusion, Zugang und kultureller Teilhabe für marginalisierte Bevölkerungsgruppen, indigene Völker und Nutzer*innen mit besonderen Bedürfnissen geht.

Nächste Schritte

Die IFLA und ihre Sektion für Öffentliche Bibliotheken arbeiten derzeit mit ihren Partnern bei der UNESCO an der Fertigstellung des aktualisierten Manifests für die Öffentlichen Bibliotheken.

Nach Abschluss dieser Arbeiten werden wir dieses Manifest gemeinsam mit dem Bibliothekswesen auf der ganzen Welt in konkrete Maßnahmen übersetzen, mit denen die Rolle der öffentlichen Bibliotheken als lebendige Kräfte für Bildung, Kultur, Inklusion und Frieden noch stärker gefördert wird.